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Alt 24.11.2006, 21:17   #2
caligula
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AW: Compressor Maps richtig lesen

2. Deine Daten in der Compressor Map eintragen
In diesem Abschnitt werden Methoden aufgezeigt, um benötigten Massendurchsatz und LD zu berechnen, um ein bestimmtes PS-Ziel zu erreichen. Diese Daten werden dann verwendet, um einen geeigneten Kompressor und dadurch Turbo auszuwählen. Ein Leistungsziel vor Augen zu haben, ist dabei ein ausschlaggebender Punkt. In weiterer Folge zum Berechnen des Massendurchsatzes und des Ladedrucks ist ein Leistungsziel ausserdem notwendig, um die richtigen Einspritzdüsen, Benzinpumpe und Benzindruckregler und andere Motorkomponenten auszuwählen.

◊ Berechnen des benötigten Massendurchsatzes und Ladedrucks um ein bestimmtes Leistungsziel zu erreichen:
· Dinge, die man wissen sollte:
· Leistungsziel
· Hubraum
· Maximal-Drehzahl
· Umgebungsbedingungen (Temperatur und Luftdruck)

· Dinge, die man berechnen muss:

· Motor Volumen Effizienz (Füllgrad):
Typische Zahlen für einen maximalen Volumen Effizienz Bereich (VE) liegen bei 95%-99% für moderne 4-Ventil Zylinderköpfe, bei 88% - 95% für 2-Ventil-Köpfe. Wenn du eine Drehmoment-Kurve von deinem Motor hast, kannst du diese verwenden, um die VE bei verschiedenen Motor-Drehzahlen herauszufinden. (hab ich persönlich bei einer Berechnung nie gemacht, bin einfach von 95% ausgegangen. Wer´s genau machen will kann selbst mal googlen )
An einem gut abgestimmten Motor wird die VE-Spitze an der Drehmoment-Spitze liegen, und diese Zahl kann dann verwendet werden, um die VE bei verschiedenen Drehzahlen zu skalieren. Ein 4-Ventil-Motor wird im Normalfall eine höhere VE über ein breiteres Drehzahlband haben, als ein 2-Ventil-Motor.

· Temperatur im Einlasskrümmer
Kompressoren mit höherer Effizienz ergeben niedrigere Einlasstemperaturen.
Typische Einlasstemperaturen von Ladeluft-gekühlten Setups liegen normalerweise bei 100 - 130° Fahrenheit, wobei Motoren ohne LLK bei 175-300° F liegen können.

· Brake Specific Fuel Consumption (BSFC)(leistungsspezifischer Kraftstoffverbrauch)
BSFC beschreibt den Benzinverbrauch für jedes erzeugte PS. Normale Werte für BSFC an aufgeladenen Benzinmotoren liegen bei 0.50 bis 0.60 und höher. Die Einheit von BSFC ist
Niedrigeres BSFC heißt, dass der Motor weniger Benzin braucht, um eine bestimmte Leistung zu produzieren. Rennbenzin und aggressives Tuning sind notwendig, um die untere Grenze der oben angegebenen Werte der BSFC Spanne zu erreichen.

Für die unten stehende Gleichung werden wir BSFC durch 60 dividieren, um von Stunden auf Minuten zu konvertieren.

Um unseren ersten Kompressor Arbeitspunkt in die Map eintragen zu können, müssen wir als erstes den Massendurchsatz berechnen:


Wobei:
· Wa = Massendurchsatz benötigt (lb/min)
· HP = Leistungsziel (Motor)
· = Air/Fuel Ratio
· = Brake Specific Fuel Consumption ( ) ÷ 60 (um von Stunden in Minuten zu konvertieren)

Beispiel:

Wir haben einen Motor, der 400Ps leisten soll, wir wählen ein A/F von 12 und ein BSFC von 0.55. Wenn wir diese Zahlen in die Formel oben einsetzen:



Wie man sieht, ist eine Compressor Map mit mindestens 44lb/min ein guter Startpunkt.

Man beachte, dass wir nirgends in der Kalkulation Hubraum oder Drehzahl verwendet haben. Das bedeutet, dass jeder Motor 44 lb/min braucht, um 400 PS leisten zu können.

Natürlich wird ein kleiner Motor mehr LD oder Drehzahl brauchen, um ein bestimmtes Leistungsziel zu erreichen als ein großer. Also, wieviel LD wird benötigt werden?

◊ Berechnen des benötigten Ladedrucks um ein Leistungsziel zu erreichen:


Wobei:
· MAPreq = Manifold Absolute Pressure (psia) benötigt um Leistungsziel zu erreichen
· Wa = Massendurchsatz benötigt(lb/min)
· R = Gas Konstante = 639.6
· Tm = Einlasskrümmertemperatur (° F)
· VE = Volumen Effizienz
· N = Motordrehzahl (RPM)
· Vd = Hubraum (Cubic Inches, konvertieren von Litern durch multiplizieren mit 61.02, z.B. 2.0 liters * 61.02 = 122 CI)

Beispiel:

Um das Beispiel von oben fortzusetzen, lasst uns einen 2,0Liter Motor mit folgenden Angeben nehmen:

· Wa = 44 lb/min (wie vorher berechnet)
· Tm = 130° F
· VE = 92% bei peak Leistung
· N = 7200 RPM
· Vd = 2.0 liters * 61.02 = 122 CI



= 41.1 psia (wir erinnern uns, dass dies Absolutdruck ist.) Wir ziehen also den Atmosphärensdruck ab, um den angezeigten Druck (also boost) zu erhalten:

41.1 psia – 14.7 psia (auf Meereshöhe) = 26.4 psig boost

Als Vergleich dazu, rechnen wir das Ganze noch mal mit einem 5,0Liter (302 CI) Motor.
Wobei:

· Wa = 44 lb/min wie berechnet
· Tm = 130° F
· VE = 85% bei peak Leistung (ein pushrod V-8(push-rod = Untenliegende Nockenwelle))
· N = 6000 RPM
· Vd = 4.942*61.02= 302 CI



= 21.6 psia (oder 6.9 psig boost)

Dieses Beispiel zeigt uns, dass ein großer Motor weniger Ladedruck braucht, um das Leistungsziel von 400PS zu erreichen, aber immer noch die berechneten 44lb/min Luftmenge. Das kann einen signifikaten Einfluss auf die Auswahl des richtigen Kompressors haben.

Mit Massendurchsatz und Ladedruck, sind wir nun fast in der Lage, die Daten in die Compressor Map eintragen zu können. Der nächste Schritt ist herauszufinden, wie viel Druckverlust zwischen Kompressor und Einlasskrümmer entstehen. Der beste Weg wäre diesen Druckverlust zu messen, aber das ist in den meisten Fällen leider sehr unpraktisch.

In Abhängigkeit der Luftmenge, Charakteristik des LLKs, Durchmesser der Luftrohre, Anzahl und Qualität der Rohrbögen, etc. kann der Druckverlust erhoben werden. An einem gut ausgelegten System kann dieser Druckverlust kleiner als 1 psi sein. An einem OEM-Setup, speziell wenn höhere Luftmengen durch dieses sollen, kann der Druckverlust bei 4psi oder mehr liegen.

Für unser Beispiel werden wir einen Druckverlust von 2psi annehmen. Um also den korrekten benötigten Kompressor Auslassdruck (P2c) zu erhalten, werden diese 2psi zu dem oben berechneten Ladedruck addiert.



Wobei:

· P2c = Kompressor Auslassdruck (psia)
· MAP = Manifold Absolute Pressure (psia)
· ΔPloss = Druckverlust zwischen Kompressor und Einlasskrümmer (Manifold) (psi)

Für den 2,0 Liter Motor:


= 43.1 psia

Für den 5,0 Liter Motor:


= 23.6 psia

Erinnern wir uns an unsere Diskussion über Einlassverluste im Kapitel Druckverhältnis oben, als wir sagten, dass ein typischer Wert für Einlassverluste bei ca. 1psi liegen könnte. Wir verwenden also diesen Wert für unsere Berechnung. Weiters nehmen wir an, dass wir uns auf Meereshöhe befinden, d.h. einen Umgebungsdruck von 14,7 psia vorfinden.

Wir müssen also 1psi Einlassverluste vom Umgebungsdruck abziehen, um den Kompressor Einlassdruck zu berechnen.



Wobei:

· P1c = Kompressor Einlassdruck (psia)
· Pamb = Umgebungsdruck (psia)
· ΔPloss = Druckverlust durch Luftfilter, Rohrbögen etc. (psi)

P1c = 14.7 - 1

= 13.7 psia

Damit können wir nun das Druckverhältnis ()berechnen.



Für den 2,0 Liter Motor:


= 3.14

Für den 5,0 L Motor:


= 1.72

Jetzt haben wir genug Informationen, um diesen Betriebspunkt in die Compressor Map einzutragen. Als erstes werden wir einen GT2860RS versuchen. Dieser Turbo hat ein 60mm, 60 trim Kompressorrad.



Wie wir sehen, ist dieser Turbo zu klein, da beide Punkte weit rechts von der Choke Line liegen.

Ein anderer potentieller Kandidat könnte der GT3076R sein. Dieser Turbo hat ein 76mm, 56 trim Kompressorrad:



Der ist viel besser. Wenigstens sind hier beide Punkte auf der Map! Lasst uns die Punkte genauer betrachten.

Der Punkt für den 2,0L Motor liegt auf einer Insel mit recht hoher Effizienz, da er jedoch in der Mitte der Map liegt, besteht die Möglichkeit, dass bei niedrigerer Motordrehzahl die Surge Line überschritten würde. Das wäre vielleicht ok für einen Hoch-Drehzahl-Motor der im Rennbereich eingesetzt wird, für eine Straßenanwendung wäre jedoch ein anderer Kompressor besser.

Für den 5,0L Motor sieht es wie ein sehr gutes, straßentaugliches Leistungsband aus, bei dem bei kleinerer Motordrehzahl die Insel mit der höchsten Effizienz durchquert wird, und genug Platz zur Surge Line hin bleibt. Der einzige Einwand ist, dass die Turbodrehzahl zu hoch werden wird, wenn der Motor über die Maximalleistungsdrehzahl gedreht wird. Ein größerer Kompressor würde den Betriebspunkt näher an die Mitte der Map legen, und außerdem ein bisschen Luft nach oben hin geben, um die Hoch-Drehzahl-Leistung auszunutzen. Wir werden uns nach einem größeren Kompressor für den 5,0 Liter Motor umsehen, nachdem wir eine straßentaugliche Alternative für den 2,0 Liter Motor gefunden haben.

Also lasst uns nun den GT3071R betrachten, der ein 71mm, 56 trim Kompressorrad verwendet.



Für den 2,0 Liter Motor ist dies ein Turbo, der viel mehr im straßentauglichen Bereich ansetzt. Der Betriebspunkt ist ein bisschen in Richtung Choke Line versetzt, was etwas mehr Platz in Richtung Surge verschafft. Bei niedriger Motor Drehzahl, werden nun die Inseln mit höherer Effizienz passiert, was ein exzellentes Ansprechverhalten und Leistung zur Folge haben wird.

Für den 5,0L Motor ist dieser Kompressor sichtlich zu klein und kommt daher nicht in Frage.

Nun, da wir an einem akzeptablen Kompressor für den 2,0L Motor angekommen sind, lasst uns einen niedrigeren Drahzahlpunkt berechnen, um sehen zu können, wie "Betriebspunktlinie" aussehen wird. Wir berechnen dies nach folgender Formel:



Sinnvollerweise wählen wir hier die Drehzahl, an der wir das Maximale Drahmoment haben wollen. In diesem Fall wählen wir 5000rpm.

Wobei:

· Wa = Massendurchsatz benötigt (lb/min)
· MAP = Manifold Absolute Pressure (psia) =35.1 psia
· R = Gas Konstante = 639.6
· Tm = Einlasskrümmertemperatur (° F) =130
· VE = Füllgrad = 0.98
· N = Motordrehzahl (RPM) = 5000rpm
· Vd = Hubraum (2.0 liters * 61 = 122 CI)


= 34.1 lb/min

Tragen wir dies auf der Map des GT3071R ein, erhalten wir folgende Betriebspunkte:



Dies ergibt eine gute Vorstellung der Betriebspunktlinie bei diesem Ladedruck, der recht gut auf die Map passt. Bei Motordrehzahlen kleiner als 5000rpm, wird der Ladedruck niedriger sein, also auch das Druckverhältnis, um außerhalb des Surge zu bleiben.

Zurück zum 5,0L Motor. Lasst uns nach ein größereren Kompressor sehen. Diesmal versuchen wir einenGT3582R mit 82mm, 56 trim Kompressorrad.



Hier , verglichen mit dem GT3076R, sehen wir, dass der Punkt nicht so nahe am Choke liegt, und dadurch mehr Hoch-Drehzahl-Leistung möglich sein wird als beim 76mm Rad. Eine weitere Vergrößerung des Kompressorrades würde noch mehr Leistung bei hoher Drehzahl geben, geht jedoch auf Kosten des Ansprechverhaltens und der Fahrbarkeit.

Hoffentlich hat dies alles einen kleinen Einblick geboten, was alles auf einer Compressor Map aufgetragen ist, und wie man einen geeigneten Turbo auswählt. Wie wir sehen, können bereits ein paar einfache Berechnungen und Abschätzungen eine relativ gute Basis für die Auswahl eines Turbos geben. Wenn natürlich echte, gemessene Daten verfügbar sind, können sehr viel genauere Resultate erhalten werden.

Falls es Ergänzungen, Fragen, Korrekturen oder sonst was geben sollte, bitte einfach melden

edit: Hier der Link zur Excel-Liste, die die Berechnungen automatisch macht:
http://rapidshare.com/files/53201414...laner.xls.html
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Bremsen macht die Felgen schmutzig

Leistung ist nicht alles.... es gibt ja auch noch Drehmoment

Geändert von caligula (03.09.2007 um 21:16 Uhr). Grund: link eingefügt
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