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Alt 28.02.2022, 18:30   #9
ML999
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Lagerspiel

Hallo Supra-Schrauber,
habe nun meine 4 Zylinderköpfe und 5 Nockenwellen-Pärchen intensiv sowohl mit Bügelmessschraube und Innentaster wie auch mit PlasticGauge (wie von Toyota vorgegeben) vermessen. Möchte Euch gerne meine Ergebnisse in Kurzform mitteilen. Damit´s nicht zu kompliziert wird, spare ich beiden weiteren Betrachtungen den Lagerbund Nr.1 aus, da der etwas andere Maßvorgaben hat als die Lager 2-7.
Vorbemerkung: Kenne nur bei 3 Köpfen und deren Nockenwellen die Laufleistung (zwischen 73.000 und 150.000, soweit mir bekannt), davon bei zweien auch die „Vorgeschichte“. 1 Kopf habe ich mit den Wellen dazugekauft, ebenso ein weiteres Pärchen Nockenwellen.
Habe grundsätzlich jede Messung zwei Mal gemacht und dann den Mittelwert genommen. Wenn eine einzelne Abweichung zu groß war, habe ich noch ein drittes Mal nachgemessen. Trotzdem sind Messfehler, grade im 1/100mm-Bereich nicht auszuschließen.
Den Zustand der Lager habe ich – nach bestem Gewissen (und völlig unwissenschaftlich, sondern nur „nach Gefühl“) – in (Schul-)Noten von 1 bis 6 ausgedrückt, dabei jeweils den schlechtesten Wert zugrunde gelegt.

Mein „TOP-10“ Fazit daraus:
1. Der Lagerdurchmesser aller Ein- sowie Auslassnockenwellen war unter der (Toyota-)Grenze, allerdings war der Zustand der Lager recht gut, dabei war der Zustand der Einlässe etwas besser als der der Auslässe.
2. Einlass-NW: Interessant, dass bei fast allen Wellen das 2.Lager das Schlechteste (Note 4) war.
3. Die Nockenwellen verschleißen schneller als die Alu-Lager im Zylinderkopf.
4. Eine klare und eindeutige Zuordnung von Laufleistung zu Lagerdurchmesser bzw. Lagerzustand kann ich aus meinen Daten bei den Nockenwellen nicht erkennen. D.h. der Verschleiß ist von anderen Faktoren wie z.B. Ölqualität, Kaltstarts, motorschonendes Fahren etc. abhängig.
5. Am besten bei jedem Tanken den Ölstand (vor allem bei den Vor-Facelifts) kontrollieren.
6. Nach längeren Standpausen vor dem Starten des Motors den grünen Stecker zu den Zündspulen trennen und erst mal über´n Anlasser die Ölpumpe Öl an alle Schmierstellen fördern lassen. Erst dann Stecker drauf und normal starten.
7. Zu wenig Öl geht nicht nur auf Pleuel- und Kurbelwellenlager, sondern auch auf die Lager im Kopf.
8. Lieber einmal mehr Ölwechsel als einmal zu wenig.
9. Das beste Öl ist immer noch preiswerter als ein Motorschaden.
10. Falls das Spiel deutlich zu groß wird: Ein Umbau der Nockenwellen-/ Zylinderkopflager auf Lagerschalen ist möglich, kostet ca. 1.000€ + MwSt. Machen aber nur noch wenige Motorenbauer. Die meisten haben dazu keine Lust.

Hier geht’s zu den Details:

1. Das „relativ“ beruhigende: Alle Köpfe waren –wenn ich mit PlasticGauge das Spiel der Nockenwellen am oberen (Zylinderkopf-)Lager gemessen habe – voll im grünen Bereich, so zwischen 0,038 und 0,076mm, kein Einziger war außer Toleranz. Klingt gut, aber mein Motorenbauer sagt, dass diese Messung ziemlich ungenau ist.
2. Die 2 x 5 Nockenwellen, differenziert betrachtet:
Vorgabe Toyota für Minimum Lagerbunddurchmesser: 26,888mm.
2.1. Die Einlassnockenwellen hatten im Mittel einen Lagerdurchmesser von 26,878mm (Beste: 26,863, Schlechteste 26,833mm). Die schlechtesten waren die Zugekauften, deren Laufleistung und Vorgeschichte mir nicht bekannt war. Der Zustand der Lageroberflächen war im Durchschnitt recht gut (Note 2,3, die Bestwerte lagen bei 1,0, die Schlechtesten bei 4,0.
Interessant, dass bei fast allen Wellen das 2.Lager das Schlechteste (Note 4) war.
2.2. Bei den Auslassnockenwellen hatte ich insgesamt die gleichen Lagerdurchmesser von 26,878mm (Beste: 26,863, Schlechteste 26,833mm), jedoch verteilt auf andere Nockenwellen; d.h. wenn eine Einlasswelle gut war, lässt das keine unmittelbaren Rückschlüsse auf die Auslasswelle zu. Warum ? – Weiß ich nicht.
Der Zustand der Auslasswellen war im Mittel etwas schlechter als der der Einlasswellen, Best 1,9, Schlechtest 3,5, Mittel 2,4.
2.3. Eine klare und eindeutige Zuordnung von Laufleistung zu Lagerdurchmesser bzw. Lagerzustand kann ich aus meinen Daten bei den Nockenwellen nicht erkennen.
3. Analyse der 14 Lager der 4 Zylinderköpfe: Toyota gibt einen Lagerdurchmesser von 27,000mm vor, leider keine Grenze nach oben.
3.1. Bei den 56 Lagern der 4 Köpfe liegt der Durchschnitt der Lagerdurchmesser Nr.2-7 bei 27,034 (Ein) bzw. 27,031mm (Aus), also nahe am Neuzustand. Warum die (eigentlich) weicheren Zylinderkopflager weniger verschleißen als die (eigentlich härteren) Gusslager der Wellen – Keine Ahnung. Die Bestwerte liegen bei Ein- und Auslass im Bereich 27,000 bis 27,015 (habe auch 26,980mm gemessen, aber das wäre ja besser als Neu). Die schlechtesten Werte liegen im Bereich 27,140 (Ein) bzw. 27, 150 (Aus), diesmal – ebenso wie die besten Werte – beim gleichen Kopf.
3.2. Die Zustände der Lager unterscheiden sich (erwartungsgemäß) deutlich zwischen oben und unten:
Oben im Durchschnitt Note 2,1 (Ein) bzw. 2,3 (Aus), unten 1,4 (Ein) bzw. 1,7 (Aus). Dabei geht die Bandbreite bei den einzelnen Lagern über alle Zustandsnoten von 1,0 bis 5,0.
4. Zum Lagerspiel. Toyota gibt für Lager 2-7 vor: Min 0,025, Max 0,093, Grenzwert 0,130mm.
Berechnet man das Lagerspiel als ½ Differenz zwischen Lager – und Nockenwellen-Durchmesser und berücksichtigt dabei noch unterschiedliche Lagerdurchmesser vertikal bzw. horizontal bzw. 0 und 90Grad bei den Wellen, hat man also pro Lager 4 Werte. Ich beschränke mich hier auf die „Extreme“, also auf die Schlechtesten bzw. Maximalwerte.
4.1. Bei den 4 Köpfen ergibt sich folgendes Bild: Bei drei Köpfen ist der vertikale Lagerdurchmesser bei einzelnen Lagern wie auch im Durchschnitt etwas (1/100 bis 2/100mm) schlechter als der horizontale (was ich eigentlich erwartet hätte).
4.2. Die größten/ schlechtesten Lagerspiele (über 0,093mm) hatten die hinteren Lager:
Nr.4 je 1x bei Ein- und Auslass, Nr. 5 insgesamt 5x (2x Ein, 3x Aus), Nr. 6 1x Aus und Nr.7 3x (2xEin, 1xAus).

Hoffe, Ihr konntet damit was anfangen und es hilft Euch weiter…
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